Herzlichen Dank für die Genehmigung zur Übernahme des Artikels an das Göttinger Tageblatt!
Ein Volkslauf mit 5000 Starterinnen und Startern schreibt immer Geschichten. Der 34. Göttinger Altstadtlauf bildete da keine Ausnahme: Am Dienstag wurden in der Innenstadt von Göttingen Titel verteidigt, Foto-Finishes erzwungen, Wachablösungen besiegelt und Pilze verteilt. Dabei hatte das Event noch kurz vor dem Startschuss auf der Kippe gestanden.
Pünktlich zum Startschuss waren die Gewitter abgezogen. Mit Sorge hatten alle Beteiligten am Dienstagnachmittag die Wettervorhersagen im Blick behalten. Man habe auch über eine Spontanabsage nachgedacht, verriet Wilhelm Graeber, Vorsitzender der Leichtathletikgemeinschaft (LG) Göttingen, kurz vor dem Startschuss. Doch letztlich spielte das Wetter beim 34. Göttinger Altstadtlauf leidlich mit. Rund 5000 Läuferinnen und Läufer verwandelten die Innenstadt einmal mehr zur Lauf-Arena. Mit allem, was dazugehört: Selbst Energie-Ladestationen gab es entlang der Strecke. Am Straßenrand hatte sich so zum Beispiel Emil mit einem "Tap here for extra power"-Schild – "Hier tippen für extra Power" – platziert, mit einem Pilz aus Mario Kart. Da stand einem erfolgreichen Rennen natürlich nichts mehr im Wege.
GT-Firmencup: Vorjahressieger wiederholen ihre Triumphe
Langsam zur Gewohnheit wird das Siegen für Ole Henseler. Der Läufer von der LG war für das Team Mahr 1 beim GT-Firmencup an den Start gegangen und war wie schon im Vorjahr nicht zu schlagen. "Die Stimmung ist einfach genial", zeigte er sich nach Zieleinlauf begeistert: "Das pusht einen total." Nicht, dass es einfach gewesen wäre: "Vor allem das Überholen der Hauptgruppe hat richtig Energie gekostet", gab Henseler zu. Andererseits: Die Energie, um später auf der Langstrecke noch einmal an den Start zu gehen, hatte er noch.
Trotz Henselers Titelverteidigung: Team Mahr 1 musste sich mit Platz 3 zufriedengeben. Denn auch in der Teamwertung verteidigte der Vorjahressieger den Titel: Team 1 von Sartorius. Das Quartett verwies das Team Novelis 1 auf den zweiten Platz.
Doppelte Wachablösung auf der Mittelstrecke
Eine Wachablösung gab es dafür über die Mittelstrecke. Zugegeben: Das war auch deshalb möglich, weil die Vorjahressieger nicht erneut dabei waren. Das trübte die Freude bei Christopher Holtz kein bisschen: "Ich war sowas wie der ewige Zweite, aber jetzt habe ich es geschafft", freute sich der LG-Läufer über seinen ersten Sieg im vierten Anlauf. "Die vielen Leute und die überragende Stimmung machen den Lauf so besonders. Das ist Volksfest-Stimmung, einfach geil", schwärmte Holtz. Er ging ebenso wie Firmencup-Sieger Henseler gleich noch einmal beim Novelis-Cup über die 10.700 Meter an den Start – und sollte dort prompt Zweiter bei den Männern werden.
Auch für Ella Schüttler ging es von Zwei auf Eins. Die 16-Jährige ist schon ihr halbes Leben bei der LG. Von ihrem Triumph war sie selbst ein wenig überrascht, war sie doch in der Vorwoche noch krank gewesen. Ins Ziel habe ihr auch eine Besonderheit des Altstadtlaufs geholfen, verriet Schüttler: die Fahrräder, die die Läufer begleiten und mit Ballons anzeigen, wie viel Strecke noch vor den Läufern liegt. "Der Vorteil bei einem Fahrrad neben sich ist, dass die Leute noch mal extra Platz machen und viele auch noch mal anfeuern", berichtete die Siegerin. Dass sie als erste über die Ziellinie kommen würde, das sei ihr erst auf der Zielgeraden klar geworden.
Den Georgia-Augusta-Cup auf der Mittelstrecke sicherte sich das Team Sozialwissenschaftliche Fakultät 1 vor UMG 1 und Medizinische Fakultät 1.
Die Langstrecke im Novelis-Cup schließlich ging bei den Männern auf die Insel: LG-Läufer Oliver Paulin stammt aus Großbritannien und arbeitet erst seit sechs Monaten in Göttingen. Der Altstadtlauf ist aber schon jetzt etwas Besonderes für ihn: "Die Atmosphäre und die vielen Leute machen den Lauf sehr besonders. Auch die Strecke durch die Altstadt ist besonders schön", so Paulin nach dem Erfolg. Seinem zweitplatzierten Vereinskollegen und Mittelstreckensieger Holtz bescheinigte Paulin eine "unfassbare Leistung".
Im Gegensatz dazu baute Naima Madlen Diesner ihre Siegesserie auf der Langstrecke aus und konnte ihr "Herzensrennen" nun schon zum vierten Mal in Folge gewinnen. "Das Endorphin schwingt hier gerade überall", sagte sie überglücklich nach dem Zieleinlauf. Vorher sei die Stimmung dagegen etwas angespannter gewesen. "Es waren ein paar turbulente Wochen für mich", gestand sie. Denn erst vor zehn Tagen wurde ihre harte Arbeit mit einem Doktortitel belohnt. Besonders schön: Diesners Vater, den sie im vergangenen Jahr noch kurz vor dem Renntag ins Krankenhaus bringen musste, war in diesem Jahr wieder der erste Gratulant.
Den Georgia-Augusta-Cup über die Langstrecke sicherte sich das Team UMG 1. Auf dem zweiten Platz landete die Fakultät für Biologie und Psychologie, den dritten Platz erlief sich das Team der Medizinischen Fakultät I.
Youngster- und Schüler-Läufe: Brüder siegen mit Foto-Finish
Den Start hatten wie immer beim Altstadtlauf die Jüngsten gemacht: Im Youngsterlauf über 600 Meter lief der sechsjährige Joris Franzke in zwei Minuten und zwölf Sekunden allen davon. Kein Wunder: Er hatte sich schon beim Frühjahrs-Volkslauf auf den Lauf in der Göttinger City vorbereitet. "Ich habe einfach nach vorn geschaut", sagte er über seine Siegertaktik, mit der er vor Vera Arefeva und William Metzger landete.
Bei den jüngeren Schülern ließ Xaver Schmidt von der SVG Göttingen mit einer Zeit von 5:59 Minuten alle anderen Läuferinnen und Läufer hinter sich. "Das war schon ein tolles Gefühl", sagte der Achtjährige über den Moment des umjubelten Zieleinlaufs. Über die 1600 Meter belegten Ida Seebode und Kristoffer Wagner die weiteren Podiumsplätze. Das Schul-Ranking gewann die Wilhelm-Henneberg-Schule vor der Hölty-Schule und Bonifatiusschule I.
Knapp 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren dann beim Schülerlauf II der Jahrgänge 2004 bis 2014 über 1900 Meter dabei. Einen Doppelsieg feierten die Brüder Mathias und Johannes Hotze, die sonst für die LG laufen und in einem echten Foto-Finish nach 5:52,9 und 5:53,6 Minuten ins Ziel kamen. "Wir wollten den ersten und zweiten Platz", sagte Mathias Hotze. Mission geglückt: Für Jakob Mayer vom TWG 1861 blieb nur Platz 3 im Lauf der älteren Schülerinnen und Schüler. Das Schul-Ranking gewann das Otto-Hahn-Gymnasium vor dem Max-Planck-Gymnasium und der Geschwister-Scholl-Gesamtschule.
Auch Dinosaurier und Feuerwehr beim Altstadtlauf am Start
Es waren noch einmal mehr Läuferinnen und Läufer als im Vorjahr beim Altstadtlauf gemeldet. Allerdings sind längst nicht alle an den Start gegangen. "Ich denke, dass die Wetterprognosen mit Gewittern einige Läufer abgehalten haben, zu kommen. Die Verlegung des Starts in Richtung Nabel hat sich auch ausgezahlt", sagte Chef-Organisator Oliver Majchrzak. Am Mittwochmorgen war er noch nicht dazu gekommen, die genaue Auswertung der Teilnehmerzahlen vorzunehmen. "Das mache ich dann in den kommenden Tagen ganz in Ruhe." Am Start war es wieder einmal eng zugegangen in der City – im Gedränge gab es einige Stürze, die aber glimpflich verliefen. Die Gestürzten kamen schnell wieder auf die Beine.
Geschichten des Altstadtlaufs
Natürlich schreibt der Göttinger Altstadtlauf immer auch Geschichten. Zum Beispiel die von zwei Schülern, die im Dino-Kostüm an den Start gingen. Oder von der Freiwilligen Feuerwehr Lenglern, die mit nicht weniger als 17 Läuferinnen und Läufern zwischen 16 und 45 Jahren bei der Mittelstrecke an den Start ging. Man wolle gemeinsam starten, kündigte vorher Lene Sturhan an, aber "dann laufen einfach alle irgendwie", erklärte sie. Das Ziel der Gruppe: "Die Feuerwehr sichtbar machen und zeigen, dass wir nicht nur Feuer löschen, sondern auch eine ganze Menge Spaß haben."
Anette Neugebauer und Käthe Lammers bildeten als zwei der älteren Semester beim Altstadtlauf das glorreiche Schlussfeld der Mittelstrecke. Zusammen mit Gänseliesel Mailin von Pietrowski und dem kleinen Gänseliesel Maira Buth liefen sie im Ziel ein. Die Läuferinnen machten das Ganze dabei nicht zum ersten Mal. Die vom Veranstalter vorgegebene 40-Minuten-Grenze hielten die beiden zwar nicht ganz, wurden aber trotzdem mit tosendem Applaus empfangen. Spontan gesellten sich dann auch noch zwei Gänseliesel dazu: "Ich bin früher selbst gelaufen und habe da mitbekommen, wie viel Energie das auf den letzten Metern noch geben kann", berichtete Pietrowski.
Gänseliesel sind überraschend dabei gewesen
Dass die beiden Gänseliesel dabei waren, kam auch für Majchrzak überraschend. "Wir haben sehr kurzfristig eine Mail bekommen, in der uns die Teilnahme der beiden angeboten wurde. Allerdings konnte ich sie so schnell gar nicht mehr ins Programm einbauen. Sie haben das von sich aus auf der Strecke aber ganz toll gemacht", freute sich der LGG-Organisator, der die Gänseliesel auch im kommenden Jahr gern dabei haben würde.
Fazit der Veranstalter
Mit dem sportlichen Abschneiden der Athleten aus den eigenen Reihen waren Majchrzak und der Vorsitzende der LG Göttingen, Wilhelm Graeber, sehr zufrieden. "Das war sportlich toll für uns", fasste der LGG-Chef die Siege und vorderen Platzierungen der Läufer im gelben Vereinsoutfit zusammen. Viel positives Feedback hat er auch hinsichtlich des Termins bekommen, da der Lauf in diesem Jahr nicht am letzten Schultag vor den Sommerferien gestartet wurde. "Viele haben in den vergangenen Jahren schon auf gepackten Koffern gesessen und fanden diesen Zeitpunkt – einige Tage vor dem Ferienstart – günstiger." Ein großes Lob hatte er für Majchrzak: "Er hat jetzt zum dritten Mal dieses Event, auf das die Stadt nicht verzichten kann, federführend hervorragend organisiert. Inzwischen ist da bei ihm auch schon eine gewisse Routine dabei – auch wenn es immer wieder Kleinigkeiten gibt, die noch verändert werden können."